Grenzgänger als Zeitreisende im kulinarischen Frankenwald
Samstagmorgen in Bad Steben - der Frankenwald präsentiert sich uns ruhig und friedlich, ja sogar etwas verschlafen. Die letzten Nebelschwaden steigen empor und die Sonne begrüßt zaghaft den Tag. Wir befinden uns im obersten Teil Bayerns, der sogenannten grünen Krone. Unsere heutige Reise führt uns entlang des „Grünen Bandes“ – der damaligen Grenze zur DDR zwischen Bayern und Thüringen. Es ist eine Art E-Bike-Zeitreise durch die Geschichte Deutschlands. Wir sind schon sehr gespannt was wir alles erfahren und wie die gesammelten Eindrücke auf uns wirken werden.
Treffpunkt ist unsere Verleihstation, das relaxa Hotel, gleich neben der Therme Bad Steben, wo wir vom Kurdirektor Ottmar Lang mit ein paar Begrüßungsworten herzlich in Empfang genommen werden. Voller Vorfreude auf die heutigen Erlebnisse schwingen wir uns in unsere Sättel und los geht die dritte Reise.
Nach gut vier Kilometern und der ersten Steigung erreichen wir den Ort Lichtenberg, der mit seiner Burgruine auf einer Anhöhe thront und einen atemberaubenden Blick auf den Frankenwald in seiner ganzen Pracht gibt.
Unsere erste Geschichtsstunde heute erhalten wir von Stadtführer Reiner Köhle und seinen Gefährten Hans von Waldenfels, ehemaliger Burgherr in Lichtenberg, und einem Barbaren.
Wir gehen zurück ins Jahr 815 n. C., als die ersten Herren hier auf der Burg hausten. Der Ursprung des damaligen Schlosses ist und bleibt unbekannt. Im Jahre 1337 wurde Lichtenberg zur Stadt erklärt. Während um 1430 umliegende Städte von den Hussiten eingenommen wurden, konnte Lichtenberg dem Ansturm standhalten. Im 30jährigen Krieg musste die Stadt jedoch zahlreiche Einfälle und Plünderungen über sich ergehen lassen. 1682 wurde die Burg von einem Feuer zerstört und nicht wieder aufgebaut. Erst 1844 konnte die Stadt den größten Teil erwerben und erhalten. 2003 wurde die Burgruine saniert und von den Burgfreunden Lichtenberg, die auch das dortige Mittelalterfest veranstalten, gepflegt.
In rasanter Bergfahrt geht es ins Höllental. Der Sage nach soll sich ein mutiger Köhler bei Nacht mit dem Teufel angelegt haben. Über dessen Kühnheit erzürnt, stampfte der Herr der Unterwelt wutentbrannt mit seinem Pferdefuß auf und die Schlucht des Höllentals tat sich auf.
Uns gab sich das Höllental jedoch von einer ganz anderen Seite preis. Idyllisch schlängelt sich der Radweg entlang des Flusses Selbitz, welcher sich seinen Weg durch die mit üppiger Vegetation gezierten steilen Felswände bahnt.
Doch was ist das dort vorne?
Auf unserem Weg zum Teufels- und Jungfernsteg machen wir eine eigenartige Bekanntschaft mit dem Teufel höchstpersönlich.
Konträr zur Meinung des Teufels kann man wohl sagen „Wenn Englein reisen …“, denn just in dem Moment kommt die Sonne nun vollends hinter den Wolken hervor und bringt das Wasser des Flusses zum Glitzern und uns Gesichter zum Strahlen.
Eine weitere Legende hier im sagenumwobenen Höllental ist die vom Hirschsprung. Eine Statue eines springenden Hirsches soll noch heute daran erinnern, wie sich damals in die Enge getriebene Hirsche durch einen Sprung über das Tal vor Jägern (oder Wölfen – hier gehen die Meinungen auseinander) gerettet haben sollen.
Unser Weg folgt weiter entlang der Selbitz. Wir fahren vorbei am „Drehkreuz des Wanderns in Untereichenstein und treffen auch auf den Ort Blankenstein mit seiner alten und neuen Papierfabrik und radeln ein Stück der alten Pferdebahn, einem ehemaligen Verbindungsweg der beiden Fabriken. Heute erinnern noch die stillgelegten Schienen an damals.
Vertieft in Gedanken an die damalige Zeit macht unsere Gruppe einen abrupten Stopp. Ein älterer Herr ist gerade damit beschäftigt eine Wegetafel, die an einen ehemaligen illegalen Grenzübergang erinnern soll, zu streichen. Gebannt lauschen wir den Erzählungen von Hans V., einem Zeitzeugen, der 1929 hier in Blankenstein geboren wurde und seither in der Gegend lebt. Mit einem Eimer voll Farbe und einem Pinsel in der Hand berichtet er uns, wie er diesen, zu einem Kolonnenweg umgebauten, Pfad instand gehalten hat.
Faszinierend was er alles erlebt hat. Wir bedanken uns recht herzlich bei Hans, dass er seine Erinnerungen mit uns geteilt hat und radeln weiter. Jetzt beginnt der abenteuerliche Streckenabschnitt – Platte um Platte muss beradelt werden!!!
Nach einem kurzen Stopp in Eisenbühl mit einem abstrakten Eisenskuplturengarten geht es weiter nach Rudolphstein zum „Meister Bär Hotel“ – Frankenwald Saaletal. Dort werden wir mit Kaffee und Kuchen herzlich in Empfang genommen und können uns für die nächste Etappe stärken. Über Hirschberg, vorbei am dortigen Schloss und Kriegerdenkmal, geht es weiter Richtung Mödlareuth.
Wir befinden uns nun mitten im Bereich des Grünen Bandes – einem Streifen der aufgrund der Artenvielfalt der Vegetation zu Recht seinen Namen erhalten hat. Geschichtlich wohl eher jedoch ein rotes Tuch. Trotz Säuberung sollen sich in dem Gebiet immer noch zahlreiche Mienen abseits der Wege befinden. Nach kurzer Zeit erreichen wir den kleinen Ort Mödlareuth – auch besser bekannt unter dem Namen „Little Berlin“. Den Namen hat das ca. 60 Einwohner große Dorf durch eine 3,3m hohe und 700 m lange Mauer erhalten. Mehr als vier Jahrzehnte teilte die innerdeutsche Grenze diese Siedlung. Heute erinnert das Deutsch-Deutsche Museum an die einstigen Grenzsperranlagen. In dem Museum und der dortigen Außenanlage erfahren wir wie die Grenze damals gesichert wurde und können nur schwer erahnen was dies für die Menschen zu der Zeit bedeutet haben muss. Welch Ungerechtigkeit hier stattfand und welch Gräueltaten geschahen.
Nachdenklich radeln wir weiter über Töpen nach Joditz zum Gasthof Frank. Dort werden unsere leicht ermüdeten Wadeln und grüblerischen Gemüter mit einer deftigen – echt fränkischen – Brotzeit aufgeheitert.
Gestärkt radeln wir weiter durch die hügelige Landschaft des Frankenwaldes. In dem Ort Selbitz ist unser nächster Stopp beim Gasthof Goldene Krone, einer Verleihstation von uns. Der Besitzer Peter Hagen, Koch aus Leidenschaft, hat aufgetischt. Und zwar lauter Köstlichkeiten der fränkischen Küche. Von ihm erfahren wir einiges über die Frankenwald-Küche. Und was ist eigentlich das Frankenwälder Zicklein?
Wie die Ziege sind auch wir Feinschmecker und suchen uns das besten vom Besten raus. Also von allem etwas probieren -Mmh, lecker! Aber nun heißt es mit vollem Magen weiterradeln. Dank unseren E-Bikes kein Problem – Schlemmen und Radfahren passt doch ganz gut zusammen ;-)
Unser letzter Stopp heute ist in Naila – weltbekannt durch die einzigartige Ballonflucht über die Grenze von der DDR nach Westdeutschland im Jahr 1979 durch die Familien Strelzyk und Wetzel (wurde in Hollywood im Jahre 1981 verfilmt – „Night Crossing“ bzw. deutscher Titel „Mit dem Wind nach Westen“).
Im Heimatmuseum können wir den besagten Fluchtballon hautnah sehen und alte Zeitungsauschnitte und Berichte darüber lesen. Mit angstvollem Blick gen Himmel, ob die Regenwolken das letzte Stück des Weges noch halten werden, radeln wir zurück nach Bad Steben. Und ja, es erwischt uns doch noch. Das Wetterglück, welches wir noch heute Morgen beim Teufel hatten, verlässt uns nun doch. Aber was gibt es schöneres, als nach einem ereignisreichen Tag ein heißes Bad zu nehmen und anschließend mit einem tollen Abendessen im relexa Hotel verwöhnt zu werden. So kann jede Reise gerne enden!
E-Bike Fahren im Frankenwald
E-Bike Reiseangebote im Frankenwald